Tagungsbericht zum 20. Sächsischen Archivtag 2013 in Zwickau

TAGUNGSBERICHT von Steffi Rathe

Mit dem 20. Sächsischen Archivtag fand einer der größten regionalen Archivkongresse dieses Jahres in Deutschland vom 23. bis 24. Mai 2013 in Zwickau statt.

145 Teilnehmer waren der Einladung des Landesverbandes Sachsen im VdA, des Sächsischen Staatsarchivs sowie der Stadt und des Landkreises Zwickau gefolgt. Der Jubiläumsarchivtag stand unter dem Thema „Auf dem Weg zum virtuellen Lesesaal. Archive im Spannungsbogen zwischen Möglichem und Machbarem“. Mit dieser Kernaufgabe und allem, was daraus folgt, beschäftigten sich die Tagungsteilnehmer im Bürgersaal des Zwickauer Rathauses. Erstmals fand der Archivtag innerhalb der Woche statt. Siebzehn Archivtechnik- und Dienstleistungsfirmen gestalteten in den Seitengängen des Bürgersaales eine repräsentative Archivmesse.

Die Eröffnung der Tagung erfolgte durch die Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen im VdA, Grit Richter-Laugwitz, die u.a. besonders herzlich die Vorsitzenden der befreundeten Fachverbände aus Tschechien und Polen begrüßte. „Was nicht im Netz steht, gibt es nicht!“ Frau Richter-Laugwitz wies in ihrer Eröffnung aber auch darauf hin, dass ohne die klassischen Kernaufgaben, wie z.B. die Erschließung der Archivbestände mit qualifiziertem Personal, eine Präsentation von digitalisiertem Archivgut im Netz nicht möglich ist. Die Mitgestaltung von Archiven in der Wissens- und Informationsgesellschaft der Zukunft ist ein dringendes Erfordernis und dafür müssen heute die Voraussetzungen geschaffen werden. Nutzer greifen zunehmend eher auf bereits digitalisierte Sekundärquellen im Internet zu, als auf die Primärquellen im Archiv. Daher gibt es für die Archive die unabweisbare Aufgabe, sich und ihre Archivalien ebenso im Netz zu präsentieren. Der Eröffnungsrede schlossen sich die Grußworte des Staatssekretärs des Innern, Dr. Wilhelm in Vertretung des Sächsischen Staatsministers des Innern, des Landrates des Landkreises Zwickau, Dr. Scheurer, der auch das Grußwort der Oberbürgermeisterin der Stadt Zwickau mit übernommen hatte, sowie das Grußwort der Direktorin des Sächsischen Staatsarchivs, Frau Dr. Wettmann, an. Den Abschluss bildete Frau Dr. Storm vom Gesamtvorstand des VdA, die den Veranstaltern eine erfolgreiche und richtungsweisende Tagung wünschte.

Dem anschließenden Impulsreferat von Prof. Dr. Schrenk aus dem Stadtarchiv Heilbronn wurde sehr aufmerksam gefolgt. Begeisterung für Geschichtswissenschaft im Allgemeinen und für das Stadtarchiv Heilbronn im Besonderen zu wecken, ist in Heilbronn mit Hilfe der neuen Medien Internet und Web 2.0 gelungen. Das Stadtarchiv konnte über diesen Weg auch finanzielle und personelle Ressourcen erschließen, getreu dem Motto “Geschichte gehört zum guten Ton und ist schick, kostet aber Geld“!

Für die Nachmittagsveranstaltung zum Thema „Online-Präsentation von Erschließungsdaten“ übernahm Thomas Binder vom Stadtarchiv Kamenz die Moderation. Begonnen wurde die Sitzung mit der spannenden Problematik der rechtlichen Zulässigkeit von Erschließungsinformationen im Netz. Dr. Stephen Schröder aus dem Archiv im Rhein-Kreis Neuss analysierte in seinem Vortrag „Internetpräsentation von Erschließungsinformationen – was ist rechtlich zulässig?“ die bundesdeutschen und insbesondere die sächsischen Rechtsgrundlagen für die Onlinestellung von Verzeichnungsinformationen und wies auf die Homepage des Bundesarchivs sowie besonders auf die Arbeitsgruppe „Archive und Recht“ der Archivreferentenkonferenz hin. Diese Arbeitsgruppe hat eine Handreichung zur „Bereitstellung elektronischer Findmittel im öffentlich zugänglichen Netz“ erarbeitet. Sie stellt eine Richtungsorientierung mit Blick auf die rechtliche Zulässigkeit von individuellen Erschließungsdaten im öffentlichen Netz dar. Dr. Nils Brübach vom Sächsischen Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, erläuterte die Werkzeuge, Strategien und Lösungen, um Erschließungsdaten ins Netz zu stellen. Laut einer von ihm durchgeführten Recherche verfügen viele Archive in Sachsen oft weder über eine online vorhandene Beständeübersicht noch über online einsehbare Findbücher und Digitalisate. Er kam zu der Einschätzung, dass Sachsen in dieser Hinsicht noch als „Entwicklungsland“ zu betrachten ist. Ziel seines Vortrages war es, Hilfsmittel und Werkzeuge vorzustellen, um mit wenig Aufwand Erschließungsdaten im Netz zu präsentieren. Dabei verwies er besonders auf das im Aufbau befindliche “Archivportal D“ als Teil der „Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB)“. Als wichtige Voraussetzung für eine Teilnahme benannte er die Erschließung der Archivalien mittels geeigneter Archivsoftware. Der Landesverband Sachsen im VdA veranstaltet gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsarchiv zu diesem Thema im Herbst 2013 einen Workshop. Konzeptionelle Überlegungen zur Priorisierung von Archivbeständen für die Digitalisierung war Gegenstand des Vortrages von Dr. Dominik Haffer von der Archivschule Marburg. Vor der Digitalisierung von Archivalien sind zahlreiche inhaltliche, technische und rechtliche Aspekte zu beachten und ein „Fahrplan der zu digitalisierenden Bestände“ zu erarbeiten. Dr. Haffer stellte Möglichkeiten vor, eine Prioritätenliste zu erarbeiten.

Der zweite Veranstaltungstag stand ganz im Zeichen des digitalisierten Archivgutes im Internet. Dr. Peter Hoheisel, Sächsisches Staatsarchiv, Bergarchiv Freiberg übernahm die Moderation für diesen Vormittag. Als Auftakt referierte Dr. Francesco Roberg, Hessisches Staatsarchiv Marburg, zur Digitalisierung von Urkunden und beschrieb in seinem Vortrag die wichtigsten Grundlagen für die Durchführung eines solchen Projektes. Er wies darauf hin, dass sich Urkunden für ein solches Projekt besonders gut eignen würden, da sie verhältnismäßig einfach zu digitalisieren seien und keine Schutz- oder Urheberrechte mehr zu beachten wären. In der Öffentlichkeit könne man mit der digitalen Bereitstellung von Urkunden aber einen besonders großen Mehrwert erzielen. Mit einem Hinweis auf das seit 1999 erarbeitete Leitbild zum Einsatz digitaler Technologien im Universitätsarchiv Leipzig erläuterte Dr. Jens Blecher in seinem Vortrag die drei Problemlagen der Archivarbeit. Wie können Archive digitale Verwaltungsdaten sicher übernehmen, sie kontrolliert bewerten und dennoch unveränderlich archivieren? Marc Rohrmüller, Referatsleiter Mediathek der Deutschen Fotothek an der SLUB, ging in seinem Beitrag auf Fragen der Bildrechte und der Onlinepräsentation von Bildern und Fotografien ein.

Den Abschluss der Tagung bildete eine Podiumsdiskussion zum Thema „Archive im Web 2.0“, die von Dr. Andrea Wettmann, Direktorin des Sächsischen Staatsarchivs moderiert wurde. Auf dem Podium saßen Dr. Birgit Mitzscherlich, Diözesanarchiv Bautzen, Stephan Luther, Universitätsarchiv Chemnitz, Silva Teichert, Stadtarchiv Zwickau, Dr. Nils Brübach, Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden sowie Dr. Jens Blecher, Universitätsarchiv Leipzig. Es stellte sich heraus, dass von „gar keinen Erfahrungen mit Web 2.0“ bis hin zu der Feststellung, dass „Web 2.0 ein durchaus positives Medium ist und genutzt werden sollte“, eine breite Palette unterschiedlicher Meinungen vorherrschte. Fazit der Diskussion war, dass auch die sächsischen Archivarinnen und Archivare den Mut haben sollten, diese technischen Möglichkeiten für sich zu nutzen und dabei Erfahrungswerte im Umgang zu sammeln.

Weitere Höhepunkte des Archivtages waren die Mitgliederversammlung des Landesverbandes sowie das vom Ortskomitee hervorragend ausgewählte und vorbereitete Rahmenprogramm. Nachdem im letzten Jahr das Amt der Vorsitzenden neu besetzt werden musste, gab es in diesem Jahr im Rahmen der Mitgliederversammlung wieder eine dem Turnus von vier Jahren entsprechende Neuwahl des gesamten Vorstandes. Dem neuen Vorstand gehören an: Grit Richter-Laugwitz (Archivverbund Bautzen, Vorsitzende), Dr. Thekla Kluttig (Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, Stellvertreterin), Stephan Luther (Universitätsarchiv Chemnitz, Schatzmeister), Silva Teichert (Stadtarchiv Zwickau, Schriftführerin) und die Beisitzer Karsten Sichel (Wirtschaftsarchiv Leipzig e.V.), Kirstin Dressel (Kreisarchiv Zwickau) und Rüdiger Kröger (Unitätsarchiv Herrnhut). Frau Richter-Laugwitz bedankte sich nach der Wahl für das Vertrauen der Mitglieder und sagte, dass sie sich auf die Arbeit mit dem neuen Vorstand freue, da hier sowohl ein hohes Maß an Fachkompetenz als auch an Erfahrung vorhanden sei und damit gute Grundlagen für eine erfolgreiche Arbeit geschaffen sind. Bevor sie den neuen Mitgliedern zur Wahl gratulierte, verabschiedete Frau Richter-Laugwitz die langjährige Schriftführerin, Yvonne Gerlach, aus ihrem Amt, das diese viele Jahre verantwortungsvoll geführt hatte.  

Resümierend kann eingeschätzt werden, dass die sächsischen Kolleginnen und Kollegen und ihre zahlreichen Gäste in Zwickau einen inhaltlich als auch organisatorisch sehr guten sächsischen Archivtag erlebt haben. Das ist vor allem dem rührigen Ortskomitee zu verdanken, das für einen reibungslosen Ablauf und ein gelungenes Rahmenprogramm sorgte. Der nächste sächsische Archivtag findet entsprechend dem auf der Mitgliederversammlung bestätigten Turnus von zwei Jahren erst im Jahr 2015 statt. Bis dahin haben die Mitglieder des Landesverbandes Gelegenheit, sich bei den angebotenen Workshops auszutauschen bzw. bei Anfragen oder Problemen sich direkt an ihre Fachgruppenvertreter oder an die Vorsitzende zu wenden.