Bericht zum Workshop "Bauakten - Verwaltung und Archivierung" am 10. April 2014 im Stadtarchiv Leipzig

Im Nachgang zum 20. Sächsischen Archivtag 2013 in Zwickau führte der Landesverband Sachsen im Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA) eine online-Umfrage zur Auswertung durch, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch nach ihren Wünschen für zukünftige Workshops des Landesverbandes gefragt wurden. Nach Auswertung der zahlreichen Vorschläge stellten wir fest, dass das Thema „Bauaktenarchivierung“ mehrmals genannt worden war. Dem Wunsch der Mitglieder folgend organisierte der Vorstand des Landesverbandes - mit großer Unterstützung durch das Stadtarchiv Leipzig - einen Workshop zum Thema „Bauakten – Verwaltung und Archivierung“. Dieser fand am 10. April ganztägig im Stadtarchiv Leipzig statt. Wie groß der Beratungs- und Diskussionsbedarf zu dieser speziellen Überlieferungart ist,  zeigte die hohe Nachfrage. Bereits zwei Tage nach Ankündigung war der Workshop ausgebucht.

Die 18 Teilnehmer kamen überwiegend aus kommunalen und kirchlichen Archiven sowie aus den Bauverwaltungen bzw. aus Bauaktenregistraturen von Kommunen. Inhaltlich bestritten wurde der Workshop von Jörg Moll, M.A., Stadtarchiv Schwerin und Frau Horn-Kolditz, M.A., Stadtarchiv Leipzig. Nach der Begrüßung durch die Direktorin des Stadtarchivs, Frau Dr. Berger, wies die Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen, Frau Richter-Laugwitz, darauf hin, dass die Bauakten in der archivischen Fortbildung bislang nur wenig berücksichtigt wurde. Als Ausnahmen sind nur die Seminare der Bundeskonferenz der Kommunalarchive der Jahre 2001 (Stendal) und 2013 (Weimar) zu nennen. Außerdem stellte sie fest, dass es besonders bei den Bauakten in den Verwaltungen oft Unklarheiten bei den Begriffen Schriftgut, Registraturgut und Archivgut gibt. Nicht selten wird von Bauaktenarchiven gesprochen, obwohl die Bauaktenregistraturen gemeint sind. Besonders deswegen war es sehr zu begrüßen, dass sowohl Archivarinnen und Archivare als auch Vertreterinnen aus den Bauverwaltungsämtern gemeinsam am Tisch saßen und intensiv diskutierten.

Im ersten Teil des Workshops stellte Jörg Moll die leider nur spärlich vorhandene Literatur zum Thema sowie die Rechtsgrundlagen und Provenienzen für Bauakten aus der Zeit bis 1990 vor. Dabei betrachtete er nicht nur die klassische Baugenehmigungsakte, sondern auch die insbesondere in Schwerin bis 1955 vorhandenen Akten aus dem Stadtbauamt und der Baupolizeibehörde. Für die Anwesenden besonders interessant war seine Aufstellung über die zwischen 1955 und 1987 erlassenen Verordnungen über die Zuständigkeit der Staatlichen Bauaufsicht in der DDR, die Aufschluss darüber gibt, welche Bauvorhaben heute überhaupt in kommunalen Archiven dokumentiert sind und welche anderen, insbesondere staatliche Archive bei einer Recherche zu berücksichtigen wären. Nach den Ausführungen zu Rechtsgrundlagen und Provenienzen stellte Jörg Moll die im Stadtarchiv Schwerin erarbeiteten Bewertungsgrundsätze zu den Bauakten vor. Demnach werden beispielsweise abgelehnte Anträge, Genehmigungen bereits wieder abgebrochener Gebäude oder Anlagen, Duplikate, Rechnungsbelege, Stellungnahmen zu abgelehnten Bauanträgen sowie Akten untergeordneter Gebäude kassiert.

Am Nachmittag stellte Frau Horn-Kolditz die Organisation der Bauaktenverwaltung und Bauaktenarchivierung in der Stadt Leipzig sowie die Übernahme, Erschließung und Benutzung durch das Stadtarchiv vor. Die Informationen zur Bestandserhaltung wurden durch Herrn Heinrich-Hildebrand Albert, Restaurator des Stadtarchivs Leipzig, fachkundig ergänzt. In Leipzig werden die Baugenehmigungsakten durch die Registratur des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege solange aufbewahrt, wie das Gebäude steht. Danach werden sie dem Stadtarchiv im Rahmen der Aussonderung zur Bewertung angeboten. Die archivwürdigen Bauakten der städtischen Baugenehmigungsbehörde bilden im Stadtarchiv einen eigenen Bestand, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung. Anschließend stellte Frau Horn-Kolditz die im Stadtarchiv Leipzig künftig zu verwendenden Bewertungsgrundsätze für Bauakten vor und erläuterte die Erschließungsmaske im Archivprogramm FAUST. In der angeregten Diskussion wurde deutlich, dass es sinnvoll wäre, bislang ungenutzte Synergien im Datenaustausch zwischen der Bauverwaltung und dem Stadtarchiv zu nutzen. Insbesondere könnten die in den Kommunen in unterschiedlichen Fachverfahren zu Baugenehmigungen erfassten Kerndaten später in die Archivdatenbanken übertragen werden. Intensiv erörtert wurden auch die erforderliche Erschließungstiefe und die Ablageform. Die Referenten sprachen sich dafür aus, die Bauzeichnungen im gefalteten Zustand möglichst im Überlieferungsverbund der Bauakte zu belassen. Aus Gründen der Bestandserhaltung werden die gefalteten Zeichnungen im Stadtarchiv Leipzig im Einzelfall auch separat von der eigentlichen Bauakte in Dreiklappmappen gelagert. Nach den Ausführungen von Frau Horn-Kolditz zur Benutzung der Bauakten im Stadtarchiv hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, sowohl unbearbeitete als auch erschlossene Bauakten der Stadt Leipzig insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Ordnung und  Verzeichnung, der Bestandserhaltung und der Benutzungseinschränkung (Schutzfristen nach § 10 des SächsArchivG und schlechter Erhaltungszustand) in Augenschein zu nehmen, was trotz fortgeschrittener Zeit rege genutzt wurde.

An der noch bis zum 2. Mai laufenden online-Evaluation des Workshops haben sich zum Zeitpunkt dieses Berichts 12 der 18 Teilnehmer beteiligt. Von diesen wurde der Workshop sowohl in der Themenwahl als auch in der Organisation mit „sehr gut“ bewertet. Dass der Workshop eine so positive Resonanz gefunden hat, verdanken wir in erster Linie Frau Horn-Kolditz und Herrn Moll. Unser ausdrücklicher Dank geht aber auch an deren Institutionen, das Stadtarchiv Leipzig und das Stadtarchiv Schwerin, die uns bei der Vorbereitung und Durchführung kollegial unterstützten.

Auf Grund der großen Nachfrage hat sich der Vorstand des Landesverbandes Sachsen im Einverständnis mit den Referenten entschlossen, den Workshop insbesondere für die Teilnehmer, die zum ersten Termin nicht berücksichtigt werden konnten, noch einmal anzubieten.

Grit Richter-Laugwitz
Vorsitzende des LV Sachsen im VdA